Warum Demokratie neu gedacht werden muss – und wie wir das schaffen können
Unsere Gesellschaft wirkt erschöpft. Über Jahre hinweg haben sich Konfliktlinien vertieft: zwischen Stadt und Land, Alt und Jung, links und rechts, vermeintlich „woken Eliten“ und „dem Volk“. Mit „Die zerrissene Gesellschaft“ legen Claudine Nierth und Roman Huber, beide langjährige Akteure bei Mehr Demokratie e.V., eine ebenso fundierte wie engagierte Analyse dieser Spaltung vor – und liefern zugleich einen gangbaren Weg, wie wir als Gesellschaft wieder zueinanderfinden können.
Inhalt
ToggleZwischen Trauma und Transformation
Nierth und Huber zeichnen keine einfache Krisenerzählung. Sie sprechen von kollektiven Traumata – ausgelöst durch Flüchtlingskrise, Pandemie, Klimakatastrophe und Krieg. Aber ihr Ansatz ist nicht resignativ, sondern resilienzorientiert: Die Gesellschaft ist nicht kaputt – sie ist verwundet. Und wie jeder Organismus braucht sie Zeit, Aufmerksamkeit und Pflege, um zu heilen.
Ihr Blick auf die Spaltung ist psychologisch und politisch zugleich. Was andere Bücher in technokratischen Diagnosen abhandeln, verknüpfen Nierth und Huber mit den emotionalen Tiefen, die gesellschaftliche Konflikte heute oft auslösen. Sie sprechen von Ängsten, Ohnmacht, Kontrollverlust – und davon, wie diese Gefühle politisch instrumentalisiert oder verdrängt werden. Dabei bleibt der Ton stets menschlich, nie moralinsauer. Sie schreiben nicht über Menschen – sondern mit ihnen.
Demokratie braucht neue Räume
Das Herzstück des Buches ist der Appell an eine tiefere, inklusivere Form der Demokratie: Die Rede ist von gelosten Bürgerräten, partizipativen Prozessen und einem neuen Vertrauen in die Weisheit der Vielen. Hier fließt die ganze Erfahrung der Autor:innen ein – aus jahrelanger Arbeit an basisnahen Beteiligungsformaten. Besonders eindrucksvoll sind die Beispiele bundesweiter Bürgerräte, die in der Lage waren, politische Blockaden zu überwinden, weil sie jenseits von Parteidenken und Polarisierung echte Verständigung möglich machten.
Diese Beteiligungsformen sind für Nierth und Huber kein nettes Add-On zur repräsentativen Demokratie – sondern ihr Rettungsanker. Wenn die Parlamente zunehmend blockiert sind, wenn Vertrauen in Institutionen schwindet, dann brauchen wir demokratische Räume, in denen sich Menschen auf Augenhöhe begegnen können. Räume, in denen es nicht um Macht geht, sondern um das gemeinsame Ringen um Lösungen.
Ein Aufruf zum Handeln – nicht zum Jammern
„Die zerrissene Gesellschaft“ ist mehr als ein Buch – es ist ein Aufruf. Es richtet sich an alle, die spüren, dass es so nicht weitergeht – aber die sich nicht mit Schwarz-Weiß-Denken, Populismus oder der Abwendung ins Private zufriedengeben wollen. Es fordert uns auf, unsere Komfortzonen zu verlassen, zuzuhören, uns einzumischen – und Verantwortung zu übernehmen.
Wer bei kfutd.de mitliest, wird viele Resonanzen finden: Das Buch atmet den Geist urbaner Transformation, sozialer Gerechtigkeit und partizipativer Gestaltung. Es gibt keine einfachen Lösungen – aber es zeigt konkrete Wege auf, wie wir ins Tun kommen. Vor allem aber schenkt es Hoffnung: Dass Wandel möglich ist, wenn wir ihn gemeinsam gestalten.
Fazit
Ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit. Wer sich mit Zukunftsfragen, Beteiligungskultur und gesellschaftlichem Zusammenhalt beschäftigt, sollte es gelesen haben. Es ist kein leichter Stoff – aber er ist klug geschrieben, emotional zugänglich und voller konstruktiver Energie. Ein echter Beitrag zur demokratischen Resilienz – und damit zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.
Bezugsquellen
- https://buchhandlung-akzente.buchkatalog.de/die-zerrissene-gesellschaft-9783442317097
- https://buecher-roth.buchhandlung.de/shop/article/50317054/claudine_nierth_roman_huber_die_zerrissene_gesellschaft.html