Seit den 1960er Jahren wurde unsere Stadt zunehmend um das Automobil herum geplant. Straßen und Parkplätze dominierten die Stadtentwicklung, während Fuß- und Radverkehr sowie Grünflächen oftmals in den Hintergrund rückten. Doch die Konsequenzen dieses Ansatzes sind heute unübersehbar: Hitzestress im Sommer, schlechte Luftqualität und ein Verlust an Lebensqualität. Die flächengerechte Verteilung des öffentlichen Raums ist längst überfällig, nicht nur, um den Bedürfnissen von Fußgänger:innen und Radfahrer:innen gerecht zu werden, sondern auch, um Städte klimafest zu machen.
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ToggleDer öffentliche Raum – ein umkämpftes Gut
In Offenburg nehmen Straßen und Parkplätze immer noch über die Hälfte der Gesamtfläche ein. Für den Fußverkehr bleiben oft nur schmale Gehwege, Radfahrer:innen sind auf unzusammenhängende oder unsichere Wege angewiesen, und Kinder finden kaum Platz zum Spielen. Gleichzeitig fehlen Bäume und Grünflächen, die die Stadt kühlen, Wasser speichern und Lebensraum für Tiere bieten könnten.
Die Frage, wie der öffentliche Raum genutzt wird, ist nicht nur eine Frage der Mobilität, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit und der ökologischen Verantwortung. Wer ein Auto besitzt, profitiert oft unverhältnismäßig von der derzeitigen Raumverteilung, während diejenigen, die zu Fuß gehen, Rad fahren oder auf Grünflächen angewiesen sind, zurückstecken müssen.
Klimaanpassung durch Grünvolumen
Klimawandelbedingte Hitzewellen und Starkregenereignisse fordern neue Konzepte für Stadtentwicklung. Ein entscheidender Schlüssel ist dabei die Erhöhung des Grünvolumens in der Stadt. Bäume und Grünflächen sind weit mehr als ästhetische Elemente: Sie verbessern das Mikroklima, filtern Schadstoffe aus der Luft, bieten Schutz vor Überhitzung und fördern das Wohlbefinden der Menschen.
Aktuelle Studien zeigen, dass Städte mit einem hohen Anteil an Grünflächen besser in der Lage sind, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Trotzdem wird das notwendige Grünvolumen für eine klimaangepasste Stadtentwicklung oft übersehen. Straßenbäume werden gefällt, um Platz für breitere Fahrbahnen zu schaffen, und Grünflächen weichen Parkplätzen oder Neubauten. Diese Entwicklung ist nicht nachhaltig.
Der Weg zur flächengerechten Stadt
Die flächengerechte Verteilung des öffentlichen Raums erfordert ein radikales Umdenken. Stadtplaner:innen und Entscheidungsträger:innen müssen den Fokus auf den Menschen legen, nicht auf das Auto. Das bedeutet:
- Mehr Platz für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen: Breitere Gehwege, sichere Radwege und Verkehrsberuhigung in Wohngebieten fördern nachhaltige Mobilität.
- Rückbau von Parkflächen: Oberirdische Parkplätze können entsiegelt und in Grünflächen umgewandelt werden. Der Platzbedarf für Autos muss drastisch reduziert werden.
- Erhöhung des Baumbestands: Jede Stadt sollte eine Strategie zur Erhöhung ihres Grünvolumens entwickeln. Ziel könnte sein, mindestens 30 % der Stadtfläche mit Bäumen und Pflanzen zu bedecken.
- Integration von Wassermanagement: Grünflächen können gleichzeitig als Versickerungsflächen dienen und so das Risiko von Überschwemmungen mindern.
- Beteiligung der Bevölkerung: Bürger:innen müssen in die Planung einbezogen werden, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen.
Ein Gewinn für alle
Eine flächengerechte Stadt ist eine Stadt, die Menschen, Klima und Natur gleichermaßen berücksichtigt. Wenn wir den öffentlichen Raum gerechter verteilen, profitieren alle: Kinder können sicher spielen, ältere Menschen finden Schatten und Ruhezonen, und der Rad- und Fußverkehr wird attraktiver. Gleichzeitig stärken wir die Resilienz unserer Städte gegen die Folgen des Klimawandels.
Die Zeit des unangefochtenen Autos ist vorbei. Es ist an der Zeit, Offenburg eine neue Richtung zu geben – hin zu lebenswerten, nachhaltigen und klimafesten Räumen. Die Zukunft gehört der Natur und den Menschen.
Zu den Fotos
Die Beitragsbilder zeigen ein Modell des Ist-Zustands in der Weingartenstraße in Offenburg in der Höhe Zigarren-Sachs. Es ist gut zu erkennen, wieviel Raum wir dem Auto gegeben haben. Lasst uns das ändern!