Offener Brief: Keine Sternstunde für Bäume und Demokratie

Liebe Gemeinderät*innen,

Gestern Abend war keine Sternstunde für den Offenburger Gemeinderat. Nicht für unsere Bäume. Noch weniger für die Demokratie. Sie reden vollmundig darüber, unsere Bäume in der Weingartenstraße und Moltkestraße zu erhalten. Aber mutig sind Sie nur, wenn Sie Papier unterschreiben, das es nicht wert ist, wertvolles Holz dafür zu verarbeiten.

Sie haben uns auf Druck unserer Petition zu dem Projektbegleitgremium Moltke- Weingartenstraße eingeladen. Darin vertreten sind Sie als Gemeinderat und Verwaltlung, aber eben auch Bürger*innen und Bürger mit den unterschiedlichsten Interessen, die es gilt, unter einen Hut zu bringen. Das dies schwer ist, sehen wir ein. Aber das liegt nicht an den unterschiedlichen Bürgerinteressen! Die unterschiedlichen Gruppen, wie ADFC, BI und wir als Petition haben Ihnen gemeinsame Vorschläge unterbreitet, wie sich die Gefahrenstellen in der Weingartenstraße wenigstens temporär entschärfen lassen. Dazu waren wir auf verschiedenen Ebenen auch mit den Anwohner*innen im Gespräch, die auf vieles verzichten würden, wenn die Aufenthaltsqualität durch die Bäume und die Nahmobilität durch gute Fuß- und Radwege erhalten bleibt.

Wer das nicht hören will sind Sie. Wieso stimmen Sie gegen einen Vorschlag von Stadtverwaltung, was auf Grundlage einer Bürgerbeteiligung beruht? Einfach weil Sie gegen eine Bürgerbeteiligung sind (O-Ton Maier, CDU: diese Bürgerbeteilung muss aufhören).

Wessen Interessen vertreten Sie? Offenburg lebt von Zuzug, dafür brauchen wir auch Arbeitsplätze, aber Offenburg lebt auch von seiner Aufenthaltsqualität und diese treten Sie immer mehr mit den Füßen.

Ein Votum für mehr Bäume und deren Erhalt?

Noch im Planungsausschuss letzte Woche dachte ich: Oh, die Stadtverwaltung bekommt die Kurve, was den Baumerhalt in Offenburg angeht. Und vor allem auch, was den Kampf gegen den Rückgang unserer Bäume angeht (Verlust von 3.000 Bäumen in nur wenigen Jahren), aber mit scheint, das ist alles nur Makulatur, weil der Gemeinderat in seiner heutigen Zusammensetzung sich keine Veränderungen vorstellen kann. Lieber lassen Sie die Natur in unser Stadt langsam sterben. Geht Sie ja nichts mehr an, wenn Sie nächstes Jahr oder in fünf oder zehn Jahren nicht mehr gewählt werden. Sie haben dann Ihre Schäfchen im Trockenen und überlassen den Rest den Populisten, denen Sie selbst immer mehr Zulauf verschaffen, weil Sie nicht auf Ihre Bürger*innen hören.

Wie wollen Sie Ihren großen Masterplan Verkehr verwirklichen, ohne Ihr Versprechen zu brechen, unsere Bäume stehen zu lassen, oder ohne auch sonst nur die kleinste Veränderung am fließenden und ruhenden Verkehr wirklich in Betracht zu ziehen? Was nutzen Ihnen alle Ihre Visionen, wenn Sie die nicht wirklich umsetzen wollen. Warum haben Sie Jahre investiert für einen Masterplan, der ein gutes Aushängeschild ist, aber keinesfalls Realität werden darf. Gelder können Sie damit aquirieren, aber sie auch zum Wohle Ihrer Bürger einzusetzen, das passt Ihnen nicht.

Am Wochenende haben sich engagierte Bürger*innen, auch Sachkundige Bürgerinnen aus Ihren Reihen und Kreisrätinnen und Vertreter*innen mehrere Vereine und Initiativen mit mehr Weitblick als Sie, zusammengesetzt und folgende Forderungen zu Ihrer Mobilitätpolitik erarbeitet.

Aus den Diskussionen und Ergebnissen des Workshops zum Thema Mobilität lässt sich eine zentrale Forderung an den Gemeinderat und die Stadtverwaltung formulieren: die umfassende Förderung einer nachhaltigen, inklusiven und sicheren Mobilität in der Stadt.

Welche Forderungen stellen unserer Bürger*innen an ihre Mobilität in Offenburg?

  • Ausbau und Sicherheit von Rad- und Fußwegen: Die Schaffung und Verbesserung sicherer Rad- und Fußwege, um den Bürger*innen attraktive, gesunde und umweltfreundliche Alternativen zum Autoverkehr zu bieten.
  • Förderung des öffentlichen Nahverkehrs: Der Ausbau eines kostengünstigen, effizienten und gut vernetzten öffentlichen Nahverkehrssystems, das auf die Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen abgestimmt ist.
  • Reduzierung von Lärm und Luftverschmutzung: Maßnahmen zur Verringerung der Lärm- und Luftbelastung in der Stadt, unter anderem durch Geschwindigkeitsbegrenzungen, Umgestaltung von Straßen und den Einsatz von Umwelttechnologien.
  • Gerechte Raumverteilung: Die Umsetzung von Konzepten der Flächengerechtigkeit, um sicherzustellen, dass der verfügbare Raum gerecht zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln und Nutzern aufgeteilt wird.
  • Barrierefreie Mobilitätsangebote: Die Gewährleistung, dass Mobilitätsangebote auch für Menschen mit Behinderungen, Senioren und Familien mit Kindern gut zugänglich sind.
  • Einbeziehung der Bürger*innen in die Mobilitätsplanung: Die Förderung von Bürgerbeteiligung bei der Entwicklung und Umsetzung von Mobilitätskonzepten, um sicherzustellen, dass diese den Bedürfnissen und Wünschen der Bevölkerung entsprechen.

Diese Forderung spiegelt das Bedürfnis nach einer Mobilitätswende wider, die sowohl ökologische als auch soziale Aspekte berücksichtigt. Ziel ist es, eine lebenswerte, gesunde und nachhaltige städtische Umgebung zu schaffen, in der sich alle Bürger*innen sicher und effizient bewegen können.

Und um es nicht zu übersehen, das sind die selben Büger*innen, die auch für die Klimaresilienz ihrer Stadt kämpfen

Welche Forderungen stellen unserer Bürger*innen an ein klimaresilienzes Offenburg?

  • Intensive Baumpflanzungen und Baumschutz: Die Forderung nach einer verstärkten Pflanzung von Bäumen sowie der Überarbeitung und Verstärkung der Baumschutzordnung, um das städtische Grün nachhaltig zu fördern.
  • Förderung von Biodiversität und Entsiegelung: Die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität, einschließlich der Entsiegelung von Flächen und der Schaffung von Lebensräumen für Insekten.
  • Schaffung und Erhaltung von Alleen: Die Anlage und Pflege von Alleen, die sowohl das Stadtbild aufwerten als auch zur Verbesserung des Mikroklimas beitragen.
  • Nachhaltige Bebauungsrichtlinien: Die Prüfung von Bauvorhaben im Hinblick auf ihre Umweltauswirkungen, mit einem Fokus auf nachhaltige und klimaangepasste Bauweisen.
  • Integration von Fassadengrün und Regenwassernutzung: Die Förderung von Fassadenbegrünung und innovativen Regenwassernutzungssystemen in städtischen Gebäuden.
  • Anpassung bestehender Gebäude an den Klimawandel: Die Schaffung von Anreizen und Fördermöglichkeiten, um bestehende Gebäude klimafit zu machen.
  • Achtsamer Umgang mit Flächenverbrauch: Ein bewusster und reduzierter Flächenverbrauch, insbesondere im Gewerbebau, durch die Bevorzugung vertikaler Bauweisen.

Diese Forderung zielt darauf ab, eine Stadt zu schaffen, die nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch den zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels gewachsen ist. Sie betont die Notwendigkeit, Klimaresilienz als einen zentralen Aspekt in alle Bereiche der Stadtentwicklung zu integrieren.

Mehr zu der Sichtweise von Bürger*innen auf ihre Stadt finden Sie hier https://kfutd.de/aspekte/dokumentation-workshop/

Und warum so ein Affentanz um eine neue Baumschutzsatzung?

Wir verstehen gar nicht, warum Sie darum diskutieren müssen. Sie haben versprochen, die Bäume in der Stadt zu erhalten. Also tun Sie es einfach. Und wenn die CDU damit Schrierigkeiten hat (O-Ton Renner, CDU: Wir sind keine Verbostpartei), dann teilen Sie das auf. Schreiben Sie eine Baumschutzsatzung für die Stadt Offenburg und die Ortteile für Bäume auf öffentlichem Grund. Denn genau da werden die allermeisten Bäume auch gefällt. Und schreiben Sie eine Baumfördersatzung für die privaten Grundstücke. Entlasten Sie z.B. jeden Grundstückeigentümer bei der Grundsteuer oder bei den Abwassergebühren, der Bäume ab einer gewissen Größe auf seinem Grundstück wachsen lässt.

Und warum sorgen wir uns so sehr um unsere Sicherheit?

Als weißer, heteronormativer, männlicher Mensch kann ich Ihre Diskussion um die nötige Sicherheit in Offenburg nicht nachvollziehen. Wahrscheinlich haben Sie damit Frauen, Queere, Transpersonen, oder einfach junge und alte Menschen im Blick, die sich um ihre Sicherheit sorgen und deren Anliegen Sie ebenfalls mit Vehemenz vertreten.

Aber ich kann Ihnen Grunde nennen, warum sich Menschen im öffentlichen Raum immer unsicherer fühlen. Weil Sie den Mensch in den letzten Jahrzehnten immer mehr aus dem öffentlichen Raum verdrängt haben. Aber nur dann, wenn wir Menschen die Straßen bevölkern, steigen die objektive und subjektive Sicherheit (Jahn Gehl, Städte für Menschen, https://kfutd.de/literatur/staedte-fuer-menschen/ )

Sie befinden sich in einer Abwärtsspirale. Ihr Verkehr verdängt die Menschen aus dem Straßenbild. Die Aufenthaltsqualität leidet durch immer weniger Grünvolumen. Die Menschen gehen weniger zu Fuss, sondern setzen sich ins Auto. Dafür säen Sie wieder mehr Straßen und ernten noch mehr Verkehr. Noch mehr Menschen werden von den Straßen verdrängt.

Für Geschäfte an viel befahrenen und immer weniger begangenen Straßen bedeutet dies ein Umsatzverlust. Die Läden müssen schließen. Nachweisen kann ich Ihnen das an einer belebten Weingartenstraße. Vor 40 Jahren war hier in jedem Erdgeschoss ein Geschäft des täglichen Bedarfs. Wir haben die Menschen verdrängt und damit die Läden. Die Fassaden werden geschlossen, der private Raum vom öffentlichen Raum abgetrennt. Es fehlen die Ausblicke und vor allem die Einsichten. Das öffentliche Leben verliert an Qualität und an Sicherheit. Freundliche Schaufensterbeleuchtungen fehlen, der Ruf nach Sicherheitsdiensten wird lauter.

Als wachsende Stadt machen Sie die selben Fehler, wie sie alle Großstädte gemacht haben. Aber diese haben Ihre Fehler erkannt und steuern gegen. Folgen sie den Reden des Bürgers, der Sie gestern dafür aufgefordert hat, die Gelder für einen vermeintlichen Schutz lieber in eine präventive Jugendarbeit zu investieren. Geben Sie den Menschen hier eine lebenswerte Perspektive, gehen Sie raus auf die Straße und hören Sie zu. Schieben Sie die vermeintlich wachsende Unsicherheit nicht auf offene Grenzen, sondern schauen Sie auf die Menschen vor Ort. Diese wollen einfach nur ihre Straße, ihre Stadt zurück. Gerecht verteilt auf die Bedürnisse aller Menschen. Dann fühlen sie sich auch wieder sicher.

Und warum noch eine neue Petition?

Warum sperren Sie sich als Freiheitsstadt Offenburg, in der die Demokratie entstanden sein soll, so sehr dagegen, wenn wir Bürger Einblick in Ihre Diskussionen haben wollen? Das steht uns zu. Und zwar auf modernem Wege einer digitalen Gesellschaft. Online. Und nicht im Keller des Rathauses, bewacht von zwei Kettenhunden, zu Zeiten, in denen kein arbeitender Mensch zu Ihnen kommen kann (siehe https://kfutd.de/aspekte/veroeffentlichung-von-niederschriften/ ).

Wenn die Stadt Offenburg das nicht selbst offen geregelt bekommt, dann treten wir für diesem Fall an den Gesetzgeber heran, mit dem Wunsch, die Gemeindeordnung entsprechend zu ändern, so dass die Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen öffentlicher Sitzungen, künftig auch offen zugänglich sein müssen. Die Häufung von “Offen” ist hier kein Zufall, trägt die Stadt diesen Zusatz sogar im Namen!

Unterschreiben Sie hier: https://chng.it/DrKNdy9gW6

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