Eine Gruppe von Personen in gelben Jacken und dunkler Kleidung wird von Polizeibeamten angegriffen. Einige halten ein Transparent. Im Hintergrund sind Bäume und eine Überführung zu sehen. Auf der rechten Seite sind Symbole für soziale Medien zu sehen.

Gießen: Wenn der Staat die Demokratie schlägt

Gestern hat Gießen gezeigt, wie sich dieser Staat verhält, wenn viele Menschen friedlich und entschlossen gegen Rechtsextremismus aufstehen. Was wir gesehen haben, war kein Konflikt zwischen „zwei Lagern“. Es war ein Aufeinandertreffen zwischen Zivilgesellschaft und staatlicher Gewalt — und die Gewalt ging von der Polizei aus.

Tausende Menschen blockierten Zufahrten, standen in kalter Novemberluft Schulter an Schulter, hielten Schilder, riefen Parolen, setzten sich hin. Es war transparenter Protest gegen die Gründung der neuen AfD-Jugend „Generation Deutschland“ – eine Organisation, die offen radikale, antidemokratische Positionen vertritt. Menschen waren dort nicht aus „Spaß an der Konfrontation“. Sie waren da, weil sie verstanden haben, dass Faschismus nicht warten kann.

Die Antwort der Polizei? Wasserwerfer, Pfefferspray, Schlagstöcke.
Nicht, weil es Angriffe auf Einsatzkräfte gab. Nicht, weil Demonstrierende randalierten. Sondern weil sie den Ablauf störten. Weil die Normalität der Rechten verteidigt werden sollte, um jeden Preis.

Wer Blockaden räumt, ohne Gewalt anzuwenden, spricht mit Menschen. Wer Blockaden räumt, indem er sie schlägt, betrachtet Menschen als Problem.

Das Narrativ kippt – von „Ordnung“ zu „Abschreckung“

Die Bilder sprechen eine deutliche Sprache:
Die Polizei war nicht „neutral“. Sie war politischer Akteur.
Sie wählte eine Seite — die Seite, auf der der Kongress stattfinden konnte, während Protestierende weggedrängt wurden.

Das Verrückte ist: Niemand hat das Gefühl, gestern etwas „Illegales“ verteidigt zu haben.
Es fühlt sich umgekehrt an: Als sei die Demokratie selbst auf der Straße gestanden – und der Staat habe sie angegriffen.

Und genau hier beginnt der gefährlichste Prozess einer Gesellschaft:
Wenn Demokrat:innen den Eindruck bekommen, dass der Staat sie schlägt, während er Faschisten Räume bietet, dann erodiert die Legitimität der Institutionen.
Nicht bei denen, die sowieso schon alles hassen.
Sondern bei denen, die sich verantwortlich fühlen.

Das eigentliche Scheitern liegt nicht im Wasserwerfer

Die Gründung der AfD-Jugend fand statt.
Die Polizei räumte Blockaden.
Der Staat setzte sein Programm durch.

Aber:
Er verlor moralische Autorität.
Und er hat Tausenden Menschen gezeigt, dass der Kampf um demokratische Räume nicht mit Petitionen gewonnen wird, sondern auf der Straße — und mit der Bereitschaft, sich nicht einschüchtern zu lassen.

Diejenigen, die standen, saßen, gerufen haben:
Ihr habt gestern nicht verloren.
Ihr habt der Öffentlichkeit gezeigt, wie ernst es ist.
Ihr habt die Maske der „Neutralität“ heruntergerissen.

Es gibt Momente, da wird nicht verhandelt, sondern positioniert.
Gestern war so ein Moment.

Was jetzt wichtig ist – ganz praktisch

  • Dokumentation: Videos sichern, Zeitstempel, Orte, genauen Ablauf festhalten.
  • Zeug:innenberichte sammeln – schriftlich, klar, sachlich.
  • Juristische Schritte prüfen – Verbände, Anwält:innen, parlamentarische Anfragen.
  • Erzählung stabilisieren – nicht zulassen, dass „Chaoten“ oder „linke Gewalt“ als Begriffe dominieren.
  • Lokale Mobilisierung stärken – Gießen ist ein Symbol, kein Endpunkt.

Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass antifaschistischer Protest kriminalisiert wird. Wer Faschismus blockiert, handelt nicht „extrem“, er handelt verfassungstreu.
Diejenigen, die Wasserwerfer gegen Menschen einsetzen, die diese Demokratie verteidigen, sollten erklären müssen, auf welcher Seite sie stehen.

Gießen war kein Ausrutscher.
Gießen zeigt, wie der kommende Konflikt aussehen wird.
Und es zeigt, dass er geführt werden kann.

Das Foto…

…zeigt ein Standbild eines Videos von „widersetzen“. In dem Video rennen mehrere Polizisten mit Schlagstöcken in eine ruhige, gehende Menge von Demonstranten und verprügeln diese.

https://www.instagram.com/reel/DRrqGrNjEG1/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=MzRlODBiNWFlZA==

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