Wie fühlt sich eine Stadt eigentlich für diejenigen an, die sich fast ausschließlich zu Fuß bewegen?
Die Offenburgerin Nette Neufang geht seit Jahren diesen Weg – buchstäblich. Seit 2018 verzichtet sie auf Auto und Fahrrad. Täglich legt sie im Schnitt 13 Kilometer (ca. 17.000 Schritte) zu Fuß zurück. Was für viele unvorstellbar klingt, ist für sie Alltag – und dieser Alltag ist geprägt von Erlebnissen, die zeigen, wie gefährlich und unfreundlich der öffentliche Raum für Fußgänger:innen oft ist.
„Ich könnte 10–20 Vorfälle pro Tag dokumentieren“
Seit einiger Zeit hält Nette ihre Erfahrungen fest: Regelverstöße, mangelnde Rücksichtnahme, riskante Situationen.
Die hier veröffentlichten Einträge bilden nur einen kleinen Ausschnitt ab – tatsächlich könnte sie jeden Tag ein Vielfaches davon notieren. Schon diese Auswahl macht deutlich: Fußgänger:innen sind in Offenburg permanent mit Hindernissen und Gefährdungen konfrontiert.
Einige Beispiele:
- 09.04.25, Bruchstraße – Zweiradfahrer rast mit hohem Tempo vorbei, fast Zusammenstoß.
- 27.04.25, Blumenstockstraße – Autos parken auf dem Gehweg, kein Platz zum Gehen.
- 26.06.25, Philosophenweg – Radfahrer streift sie von hinten, sie stürzt.
- 09.07.25, Tannweg – Auto zu schnell, fast erfasst, danach Schmerzen.
- 22.09.25, Ortenberger Straße – Radfahrer schrammt sie auf dem Gehweg und fährt einfach weiter.
Die komplette Dokumentation mit über 40 Vorfällen in wenigen Monaten zeigt, wie dicht die Gefahrenlage ist.
Inhalt
ToggleSichtbar machen, was sonst übersehen wird
„Mein Ziel ist es, die Perspektive der zu Fuß Gehenden sichtbar zu machen und zur Verbesserung der Bedingungen im öffentlichen Raum beizutragen“, schreibt Nette.
Ihr Tagebuch ist damit mehr als eine persönliche Sammlung: Es ist ein Weckruf an Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft, die Bedürfnisse der größten Verkehrsgruppe endlich ernst zu nehmen. Denn Fußgänger:innen sind überall, oft unsichtbar – aber ohne sie funktioniert keine Stadt.

Jetzt mitreden: Fußverkehrs-Check 2025
Passend dazu hat am 17. September in Offenburg die Auftaktveranstaltung zum Fußverkehrs-Check 2025 stattgefunden. In diesem Prozess werden Problemstellen identifiziert und konkrete Verbesserungen vorgeschlagen.
👉 Wir laden alle Bürger:innen ein, sich einzubringen, ihre Erfahrungen zu teilen und dafür zu sorgen, dass die Stimme der Zufußgehenden gehört wird.
Denn: Jede dokumentierte Erfahrung, jede Beobachtung und jede Forderung macht klarer, wie dringend Offenburg eine echte Fußverkehrswende braucht.
✍️ Herzlichen Dank an Nette Neufang für die Offenheit und Ausdauer, diese alltäglichen Erfahrungen sichtbar zu machen.
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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
Nettes Tagebuch als zu Fuß Gehende ist eine tolle Anregung. Vor allem auch weil eine solche Dokumentation die Vorfälle festhält, an die wir uns im Alltag schon gewöhnt haben und vielleicht meinen, dass wir nichts dagegen tun können.
Können wir aber doch!
Also macht alle mit und meldet die Probleme, damit es besser wird.
Bloß nicht resignieren!
Auf jeden Fall können wir was bewirken, bei Mülltonnen hilft vielleicht nur eine neue Kultur (langwierig) aber was Schilder und Co. angeht, da reicht einfach eine Mail an die Stadt.