Die jüngste Gemeinderatsdebatte über die geplanten Baumfällungen in Offenburg hat deutlich gemacht, wie tief das Vertrauen zwischen Bürgerinnen und Bürgern, der Stadtverwaltung und der Politik mittlerweile erschüttert ist. Der Vorwurf des „tiefen Misstrauens“ – eine Aussage, die sogar in der Debatte selbst aufkam – trifft einen wunden Punkt. Doch woher stammt dieses Misstrauen, und was müsste geschehen, um es abzubauen?
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ToggleTransparenz ist keine Option, sondern eine Pflicht
Die Diskussion über die Fällung von 726 Bäumen, davon 406 allein mit dem Merkmal „Allgemeiner Vitalitätsmangel“, zeigt exemplarisch, warum Bürger und Gemeinderäte skeptisch werden. Das Merkmal ist so unspezifisch, dass es keine klare Grundlage für Entscheidungen bietet. Fragen nach den genauen Kriterien oder alternativen Pflegemaßnahmen bleiben unbeantwortet.
Noch schwerer wiegt jedoch das Verhalten der Stadtverwaltung in der Kommunikation. Statt eine offene und ehrliche Debatte zu ermöglichen, wird die Kommunikation zunehmend über die Rechtsabteilung gelenkt, während die zuständigen Fachabteilungen abgeschirmt werden. Bürgeranfragen nach Einsicht in das Baumkataster – ein elementares Dokument für den Umgang mit dem städtischen Baumbestand – werden mit hohen Gebühren von knapp 600 Euro beantwortet und durch rechtliche Verweise und formale Hürden erschwert.
Wo bleibt die Veröffentlichungspflicht?
Das Baumkataster ist ein Geodatensatz, der gemäß dem Geodatenzugangsgesetz (GeoZG) und dem Open-Data-Gesetz ohnehin öffentlich zugänglich gemacht werden müsste. Plattformen wie das Geodatenportal Osiris 5 bieten dafür längst die technischen Möglichkeiten. Warum diese Daten nicht bereitgestellt werden, bleibt unklar.
Stattdessen müssen Bürger, die Informationen anfordern, für die Verarbeitung und Schwärzung von Daten Dritter zahlen. Die Frage drängt sich auf: Liegt es an mangelnder Effizienz oder an der bewussten Erschwerung des Zugangs zu Informationen?
Das Misstrauen ist hausgemacht
Die Stadtverwaltung beklagt ein „abgrundtiefes Misstrauen“ der Bevölkerung und einzelner Fraktionen. Doch dieses Misstrauen entsteht nicht ohne Grund:
- Intransparente Entscheidungsprozesse: Die Kriterien für Baumfällungen bleiben unklar, und Alternativen wie Pflege- und Stabilitätsmaßnahmen werden kaum geprüft.
- Blockade von Informationen: Der Zugang zu wichtigen Dokumenten wird durch Gebühren und bürokratische Hürden unnötig erschwert.
- Abschirmung der Fachabteilungen: Statt mit den zuständigen Expertinnen und Experten direkt zu sprechen, wird der Dialog durch rechtliche Formalismen behindert.
Ein Aufruf zur offenen Kommunikation
Wenn die Stadtverwaltung das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen möchte, muss sie jetzt handeln:
- Veröffentlichung des Baumkatasters: Die Daten sollten digital und kostenlos über das Geodatenportal vollständig zugänglich gemacht werden.
- Klarheit bei Baumfällungen: Jede Fällung muss nachvollziehbar und transparent begründet sein. Unabhängige Gutachten könnten helfen, Vertrauen in die Entscheidungsprozesse zu schaffen.
- Einbindung der Fachabteilungen: Ein offener Dialog zwischen den Bürgern und den Fachleuten der Verwaltung würde die Diskussion versachlichen und verhindern, dass politische Diskussionen auf reinen Vermutungen basieren.
Die Zeit läuft
Bis zur nächsten Gemeinderatssitzung im Februar 2025 bleibt Zeit, die Weichen neu zu stellen. Die Stadtverwaltung hat die Möglichkeit, Transparenz zu schaffen und Vertrauen zurückzugewinnen – oder den Konflikt weiter eskalieren zu lassen.
Die Bürgerinnen und Bürger Offenburgs verdienen eine Verwaltung, die offen und ehrlich kommuniziert, die gesetzlichen Verpflichtungen einhält und das Stadtgrün nicht nur als Kostenfaktor, sondern als Lebensgrundlage versteht. Das Vertrauen zurückzugewinnen, ist eine Herausforderung, die die Stadtverwaltung annehmen muss.
Fazit: Misstrauen entsteht durch Intransparenz und Blockaden. Offenburg hat jetzt die Chance, einen neuen Weg zu gehen – hin zu mehr Offenheit und einem nachhaltigen Umgang mit seinem Baumbestand. Der Ball liegt bei der Stadtverwaltung.
Presse
- https://www.badische-zeitung.de/woher-dieses-tiefe-misstrauen