Frauenpower und ein lebendiger Hühnergarten: Warum Ortenberg eine Debatte über Symbolik führen muss

Im Herzen von Ortenberg liegt der Hühnergarten, ein idyllischer Treffpunkt, der von der sozialen Initiative SoNO e.V. ins Leben gerufen wurde. Hier können Besucher:innen Zwerghühner verschiedener Rassen beobachten, inmitten einer harmonischen Dorfatmosphäre verweilen und die Verbindung zwischen Natur, Gemeinschaft und Kreativität erleben. Doch seit einiger Zeit ist dieser friedliche Ort zum Zentrum einer hitzigen Debatte geworden – und das ausgerechnet wegen eines Kunstwerks.

Kunst als Ausdruck von Vielfalt

Im Rahmen einer kreativen Aktion der Graffiti-AG der Klosterschulen Offenburg wurde der Hühnergarten mit farbenfrohen Motiven verschönert. Neben Tierdarstellungen ziert auch das bekannte Frauenpower-Symbol – ein Kreis mit Kreuz, in dessen Mitte eine Faust zu sehen ist – die gestalteten Flächen. Dieses Symbol steht weltweit für den Kampf um Gleichberechtigung und die Stärke der Frauenbewegung.

Doch was als Ausdruck von Kreativität und gesellschaftlicher Vielfalt begann, hat in Ortenberg unerwartet Wellen geschlagen. Anonyme Beschwerden forderten die Entfernung des Symbols, verbunden mit dem Vorwurf, es sei extremistisch und würde zu Gewalt aufrufen. Kurz darauf wurde das Symbol von Unbekannten mit einem anderen Graffiti übersprüht, bevor es schließlich in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt wurde. Die Diskussion über die Symbolik hat jedoch nicht aufgehört – im Gegenteil: Sie droht die Gemeinschaft zu spalten.

Das Frauenpower-Symbol – Bedeutung und Missverständnisse

Das Frauenpower-Symbol hat seinen Ursprung in der Frauenbewegung der 1970er Jahre. Es repräsentiert die Stärke und Solidarität von Frauen weltweit, ihren Einsatz für Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und gegen jede Form der Unterdrückung. In keinem offiziellen Kontext wird dieses Zeichen als extremistisch oder gewaltverherrlichend eingeordnet. Vielmehr ist es ein Symbol der Hoffnung, des Widerstands und der Gerechtigkeit.

Die Vorwürfe, es würde zu Gewalt aufrufen, sind nicht nur unbegründet, sondern offenbaren auch eine gefährliche Verzerrung seiner Bedeutung. Solche Behauptungen untergraben die Wichtigkeit des Symbols und versuchen, die Rechte von Frauen zu diskreditieren. Gerade in einer Zeit, in der Frauen weltweit für grundlegende Rechte kämpfen – sei es in Afghanistan, dem Iran oder anderswo – ist es essenziell, solche Symbole sichtbar zu halten und nicht durch Vorurteile und Ignoranz aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen.

Eine Debatte, die weitergeht

Innerhalb des Vereins SoNO zeigt sich die Zerrissenheit deutlich: Während das Team des Hühnergartens geschlossen hinter der Symbolik steht, fordern andere Mitglieder des Rats die Entfernung des Motivs, um die Kontroverse zu entschärfen. Dies hat zu Spannungen geführt, die die Zukunft des Vereins gefährden könnten. Auch in der Gemeinde Ortenberg scheiden sich die Geister. Befürworter:innen des Symbols argumentieren für Kunstfreiheit und gesellschaftliche Offenheit, während Kritiker:innen eine konservativere Haltung vertreten.

Sogar online geht der Streit weiter: Auf Plattformen wie Google Maps, wo Fotos des Hühnergartens samt Graffiti-Projekt zu sehen sind, versuchen einige Stimmen, die Bilder entfernen zu lassen – ein Versuch, der die Diskussion über die Symbolik zusätzlich anheizt.

Warum Offenheit und Dialog wichtig sind

Die Diskussion um das Frauenpower-Symbol ist mehr als ein lokaler Streit; sie ist ein Spiegelbild größerer gesellschaftlicher Herausforderungen. Es geht darum, ob wir bereit sind, uns mit Symbolen auseinanderzusetzen, die unbequem erscheinen, und die dahinterliegenden Botschaften zu verstehen. Es geht darum, ob Ortenberg ein Ort sein will, der Vielfalt, Kreativität und Gleichberechtigung feiert, oder ob es vor Konfrontationen zurückschreckt.

Unser Hühnergarten soll ein Ort der Begegnung bleiben – für Menschen jeden Alters, für verschiedene Perspektiven und für eine Zukunft, in der Gleichberechtigung kein Streitpunkt mehr ist, sondern eine Selbstverständlichkeit. Lassen wir uns von einem Symbol nicht spalten, sondern inspirieren. Denn am Ende steht nicht die Faust im Vordergrund, sondern die Kraft, gemeinsam etwas zu bewegen.

Der Hühnergarten bleibt – und das Symbol auch. Unterstütze uns dabei, diesen Ort und die Botschaft, die er trägt, zu schützen und weiterzuentwickeln. Gemeinsam für eine offene, faire und solidarische Gesellschaft – in Ortenberg und darüber hinaus.

Siehe auch

Der Hühnergarten bei Google Maps https://maps.app.goo.gl/GJPUiMowpgQGZTYo7

Facebook
Twitter
LinkedIn

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Dr.Elsbeth Schillinger-Pokorny

    Endlich eine vernünftige und vermittelnde Stellungnahme.
    Das hat es schon lange gebraucht.
    Danke

Schreibe einen Kommentar


Der Zeitraum für die reCAPTCHA-Überprüfung ist abgelaufen. Bitte laden Sie die Seite neu.