Das Offenburger Rathaus. Ein geschmücktes Gebäude mit Weihnachtsbeleuchtung in der Abenddämmerung. Der Text auf Deutsch lautet: Eine Innenstadt ist kein Kaufhaus, sondern ein urbaner Lebensraum. Ein Eulenlogo und KONFERENZ FÜR URBAN TRANSFORMATION DESIGN befinden sich unten rechts.

Positionspapier der Konferenz für Urban Transformation Design (KfUTD)

Was wir heute in unserer Stadt erleben, ist mehr als eine Phase des Strukturwandels – es ist ein Spiegel unserer Zeit: Der Klimawandel trifft auf veraltete Stadtplanung, soziale Spaltung auf fehlenden öffentlichen Raum, Engagement auf politische Trägheit.

Die Innenstadt verliert an Leben, während Asphalt, Verkehr und ökonomische Zwänge den Ton angeben. Doch überall dort, wo Menschen den Mut haben, Stadt wieder gemeinsam zu denken, blitzt eine andere Zukunft auf: grün, gerecht, lebendig.

Mit der Konferenz für Urban Transformation Design (KfUTD) treten wir an, diese Zukunft aktiv zu gestalten – nicht als abstraktes Leitbild, sondern als praktischen Wandel vor Ort.
Wir wissen: Eine resiliente, lebenswerte Stadt entsteht nicht durch Stillstand, sondern durch Beteiligung, Kreativität und Mut zur Veränderung.

Dieses Positionspapier beschreibt, was Offenburg jetzt braucht, um den Wandel zu wagen – für mehr Klimaanpassung, soziale Gerechtigkeit, Mobilität für alle und eine Innenstadt, die wieder Herz und Treffpunkt der Stadtgesellschaft wird.

1. Ausgangslage: Eine Stadt im Übergang

Offenburg steht – wie viele Mittelstädte in Deutschland – an einem Wendepunkt.
Die Innenstadt verändert sich sichtbar: Läden schließen, Bäume verschwinden, die Straßen werden heißer, der Verkehr dichter. Zugleich wächst der Druck, neue Wege zu gehen – ökologisch, sozial und ökonomisch.

Während in Städten wie Lahr, Freiburg oder Straßburg längst erlebbar wird, wie Klimaanpassung, Verkehrswende und Stadtgrün zusammenspielen, verharrt Offenburg in einer Zwischenwelt: Man redet vom Wandel, aber handelt noch nach alten Mustern.

Die Stadtverwaltung hat in den vergangenen Jahren durchaus wichtige Projekte angestoßen – das Programm „GO OG“, die Sanierungsgebiete, erste Beteiligungsformate und punktuelle Grünmaßnahmen. Doch in den entscheidenden Fragen fehlt oft der politische Mut, alte Gewissheiten zu hinterfragen.

2. Das Problem: Politik vom Auto und vom Umsatz her gedacht

Noch immer wird Stadtentwicklung in Offenburg zu oft vom Autoverkehr und vom Handel her gedacht.
In Debatten des Gemeinderats, vor allem in den Fraktionen von CDU, FBO und FDP, dominiert die Vorstellung, dass Parkplätze die Lebensader der Innenstadt seien.
Auch Verbände wie die City Partner oder Teile der IHK wiederholen gebetsmühlenartig das alte Narrativ:

„Ohne Parkplätze stirbt die Innenstadt. Ohne Autos kein Umsatz.“

Dieses Denken verkennt die Realität.
Denn der Niedergang des innerstädtischen Handels ist kein Parkplatzproblem – er ist Ausdruck eines strukturellen und kulturellen Wandels:
Menschen kaufen online, weil sie im Alltag gestresst sind.
Sie meiden Innenstädte, weil diese zu laut, zu heiß, zu unattraktiv geworden sind.
Sie suchen Orte, die Leben ausstrahlen, nicht Asphalt.

Jede Stadt, die diesen Zusammenhang ignoriert, läuft Gefahr, ihre Zukunft zu verspielen.

3. Der Preis des Stillstands

Diese politische Blockadehaltung hat Folgen:

  • Verlust an Aufenthaltsqualität – Asphalt statt Schatten, Hitzestau statt Stadtgrün.
  • Rückgang des Handels – weil Menschen dort hingehen, wo sie sich wohlfühlen.
  • Leere Baumquartiere und versiegelte Plätze, die das Mikroklima verschlechtern.
  • Soziale Entfremdung – weil der öffentliche Raum auf Konsum reduziert wird.
  • Politikverdrossenheit – weil Bürger*innen erleben, dass Engagement und Ideen oft abgeblockt werden.

Kurz gesagt: Der Versuch, die Innenstadt durch Festhalten am Alten zu retten, beschleunigt ihr Ausbluten.

4. Die Lösung: Mut zur Neuausrichtung

Offenburg braucht keine kosmetischen Korrekturen, sondern eine neue Vision der Innenstadt.
Eine Innenstadt, die nicht von Umsatz, sondern von Lebensqualität geprägt ist.
Eine Innenstadt, in der Bäume, Schatten, Wasser, Begegnung und Teilhabe die Grundlage bilden – und Handel, Kultur und Gastronomie davon profitieren.

Dafür steht die KfUTD.

Wir fordern eine Politik, die …

  1. den Menschen ins Zentrum stellt – nicht das Auto.
    • Vorrang für Zufußgehende, Radfahrende und den ÖPNV.
    • Parkflächen umwandeln in Plätze, Grünräume und Aufenthaltsorte.
  2. Klimaanpassung als Pflichtaufgabe begreift.
    • Jede neue Straße, jeder Platz, jedes Bauprojekt muss klimaresilient sein.
    • Stadtbäume und Entsiegelung sind Infrastruktur – keine Dekoration.
  3. Wohnen, Arbeiten, Lernen und Kultur zusammenbringt.
    • Leerstände öffnen für Ateliers, Start-ups, soziale Initiativen und gemeinwohlorientierte Projekte.
    • Förderung kleiner, lokaler Akteure statt nur großer Ketten.
  4. den öffentlichen Raum als Gemeingut versteht.
    • Plätze für Begegnung, Diskussion, Kreativität.
    • Kinder, Familien, ältere Menschen und Menschen mit Einschränkungen sollen sich gleichberechtigt bewegen können.
  5. Bürger*innen wirklich beteiligt.
    • Nicht nur informieren, sondern mitgestalten lassen.
    • Bürgerräte, Stadtwerkstätten und Beteiligungshaushalte als feste Instrumente.

5. Das ökonomische Argument: Wandel lohnt sich

Es ist längst bewiesen:
Innenstädte, die grüner, ruhiger und lebensfreundlicher sind, profitieren auch wirtschaftlich.

Studien aus Kopenhagen, Wien, Paris oder Utrecht zeigen:

  • Kund*innen, die zu Fuß oder mit dem Rad kommen, geben pro Besuch weniger aus, kommen aber öfter – das stabilisiert Umsätze.
  • Begrünte und verkehrsberuhigte Straßen steigern Mieten, Eigentumswerte und Anziehungskraft.
  • Aufenthaltsqualität schafft Vertrauen, Identität und Bindung – die wahren Währungen einer Stadt.

Der Schritt weg vom Auto ist kein Angriff auf den Handel, sondern seine Rettung.

6. Beispielhafte Forderungen für Offenburg

  1. Umwandlung von mindestens 20 % der Innenstadtparkplätze in grüne Aufenthaltsräume bis 2030.
  2. Verankerung der Klimaanpassung als zentrales Ziel im GO OG-Innenstadtprogramm.
  3. Verpflichtende Baumnachpflanzungen in allen Straßenprojekten.
  4. Ausweitung der Beteiligungsformate – verbindliche Bürgerwerkstätten zu Stadtgrün, Mobilität, Aufenthaltsqualität.
  5. Förderprogramm für gemeinwohlorientierte Zwischennutzungen leerstehender Läden.

7. Fazit: Der Wandel ist kein Risiko – das Nichtstun schon

Offenburg steht vor der Wahl:
Entweder wir klammern uns an alte Gewohnheiten – und sehen zu, wie die Innenstadt weiter austrocknet.
Oder wir begreifen die Klimakrise, den Strukturwandel und den kulturellen Wandel als Chance, unsere Stadt neu zu erfinden.

Die Zukunft der Innenstadt entscheidet sich nicht an der Zahl der Parkplätze, sondern an der Zahl der Menschen, die dort leben, lachen, arbeiten, spielen und atmen wollen.

Wir laden den Gemeinderat, die Verwaltung und alle Bürger*innen ein, diesen Wandel gemeinsam zu gestalten – mutig, gerecht, lebendig.

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