Wir sind angetreten, um ein paar Bäume zu retten und stolpern nun über unsere verfassungsrechtlich garantierten demokratischen Mittel, um genau dafür zu streiten.
Die Stadt Offenburg verliert bereits beim Demokratie-Check im Allgemeinen https://kfutd.de/aspekte/demokratie-check-offenburg/
Aber insbesondere, wenn es darum geht für sein Anliegen zu demonstrieren herrscht die Willkür in den Offenburger Ämtern. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich eine Demonstration angemeldet und als Versammlungsleiter durchgeführt. Aber wem will man raten, dies wieder zu tun, wenn dann ein Tag vor der Demo eine Verfügung der Stadt Offenburg kommt, die jedes Detail dieser Versammlung regelt und beschneidet? Muss ich Kinder mit selbstgebastelten Plakaten wieder nach Hause schicken, weil der Besenstiel 2 mm zu dick ist? (siehe Anlage).
Jeder Verstoß eines Teilnehmers / einer Teilnehmerin könnte mir ein Bußgeld einbringen.
Und schauen wir uns die drei letzten Verfügungen der Stadt Offenburg an, dann sind die Vorgaben immer wieder unterschiedlich. Mal dürfen die Stiele der Transparente nur 2 cm dick sein, mal 3 cm, mal ist die Länge egal, mal max. 2 Meter. Transparente dürfen egal wie groß sein, oder eben begrenzt auf 3 x 1,5 Meter. Und wenn das nicht ausreicht, wie wollen wir dann unsere Meinung kund tun? Wieso maßt sich eine Stadtverwaltung überhaupt an, die Größe der Meinungsäusserung zu beschneiden. Und wozu die Hinweise, z.B. auf Toiletten? (siehe Anlage)
Verschickt werden solche, aus unserer Sicht unrechtmässigen, Auflagen einen Tag vor der Veranstaltung. Auch wenn diese schon Tage, Wochen oder gar Monate vorher angemeldet waren. Und es bräuchte aus Sicht des Gesetzgebers gar keine Auflagen. Diese sind nur erforderlich, wenn um Leib und Leben zu fürchten ist.
Gemäß § 15 Abs.1 VersammlungsG kann die zuständige Versammlungsbehörde eine Versammlung nur dann von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Daran sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hohe Anforderungen zu stellen. Aus den vorliegenden Auflagenverfügung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen für eine Auflage nach § 15 Abs. 1 VersammlG vorliegen.
Aber genau das fürchtet die Stadt Offenburg, wenn 200 Menschen für Bäume demonstrieren, wenn 5.000 Menschen für Toleranz und Vielfalt demonstrieren, wenn 10 Menschen die Stolpersteine in Offenburg putzen möchten (siehe Anlagen).
Bei 5.000 Menschen muss der Veranstalter solch einer Demonstration gemäß den Auflagen 200 Ordner stellen. Wie soll das gehen? Wie werden diese Auflagen durchgesetzt? Wie können wir uns in Offenburg noch versammeln, ohne zu 100% gegen Auflagen zu verstoßen und ein Bussgeld zu fürchten? Wollen wir nicht, dass die Menschen für ihre Anliegen auf die Straße gehen? Stört das so sehr die öffentliche Ordnung und Sicherheit, wenn wir für den Klimaschutz, die Demokratie und gegen das Vergessen des Holocaust auf die Straße gehen?
Lesen Sie sich die angehängten Verfügungen durch und wundern Sie sich! Diese erhalten die Versammlungsleiter per eMail. Widerspricht ein Versammlungsleiter dagegen per eMail, erhält er lediglich den Verweis auf das “Formerfordernis eines Widerspruchs gemäß § 70 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ihre E-Mail bleibt daher unbeantwortet.” (Zitat Ordnungsamt Offenburg) Der Widerspruch wird also nicht bearbeitet! (siehe Anlage)
Müssen wir uns wirklich wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in die Demokratie und unsere Volksvertreter verlieren? Wählen die Menschen deswegen vermehrt die starke, durchgreifende Hand, weil Sie selbst keine Chance sehen, keinen Mut haben, sich gegen eine Behörde zu stellen? Ist es einfach zu teuer geworden, sich selbst zu engagieren (Lautsprecheranlage zum vorgeschriebene Verlesen der Auflagen, Ordnerbinden, kostenpflichtige Behördenzugänge wie z.B. DE-Mail als Zugang nach § 3a VwVfG für Elektronische Kommunikation für einen evtl. Widerspruch)?
Was wir brauchen, um unsere Demokratie in Offenburg zu stärken, sind partizipative Mittel, wie sie das Land Baden-Württemberg längst in einer Vorreiterrolle geschaffen hat und keine Gängelei durch Behörden, die glauben, einfache Informationsveranstaltungen erlauben eine echte Teilhabe, bei der die Menschen sich wahrgenommen fühlen, aber wenn diese sich plötzlich selbst äußern wollen, dann wird dies vehement versucht zu erschweren.
Setzen Sie sich ein für eine partizipative, offene Demokratie. Geben Sie den Menschen das Gefühl, dass Sie Ihnen zuhören und handeln Sie danach. Weisen Sie Ihre Behörden an, die Anliegen der Menschen zu unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen. Wir sind bereit Gespräche über die Formen unseres Protests zu führen. Wir sind bereit, dies möglichst mit Ihnen im Einklang zu gestalten. Aber wir sind nicht bereit rechtswidrige Auflagen zu akzeptieren. Und wir sind nicht bereit, dass Sie unsere legitimen demokratischen Mittel versuchen auszuhöhlen und damit politischen Richtungen in die Hände spielen, die wir alle nicht in Offenburg haben wollen.