Bürgerinformationsabend am 20. Oktober 2025 – Mensa Am Mühlbach, Fachbereich Hochbau, Grünflächen und Umweltschutz
Am Montagabend stellte die Stadt Offenburg ihre aktuellen baumfachlichen Maßnahmen vor. Was trocken klingt, betrifft in Wahrheit das Herz unserer Stadt: die Bäume, die unser Klima regulieren, Schatten spenden und Lebensraum bieten.
Die Präsentation zeigte: Es gibt Fortschritte, aber auch viele offene Fragen. Und die wichtigste: Werden unsere Stadtbäume wirklich mehr – oder nur auf dem Papier?
Inhalt
Toggle🌲 Entnahmen und Fällungen: 110 – statt 800?
Laut der neuen Statistik plant die Stadt im Jahr 2025 110 Baumfällungen. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es noch über 800. Das klingt nach einer gewaltigen Verbesserung – fast nach einer Trendwende.
Kategorien wie „Wildaufwuchs“ und „flächiger Bestand“, die bisher hunderte von Fällungen ausmachten, sind jetzt fast verschwunden oder völlig neu definiert. Vermutlich werden nur noch Einzelbäume im Kataster berücksichtigt – während Bäume an Böschungen, Waldrändern oder Ausgleichsflächen nicht mehr in der Statistik auftauchen.
So entsteht ein trügerischer Eindruck: Weniger Fällungen, weil weniger gezählt wird. Ob sich der tatsächliche Verlust an Grün damit wirklich verringert hat, bleibt offen.
💧 Baumerhaltung und Revitalisierung: Vom Fällen zum Pflegen
Erfreulich ist, dass die Stadt zunehmend auf Erhalt statt Ersatz setzt. Beschädigte oder schwächelnde Bäume werden – wo möglich – behandelt, gedüngt, bewässert oder mit speziellen Luftlanzen im Wurzelbereich belüftet. Sogar „stehendes Totholz“ soll künftig häufiger als Biotopstruktur stehenbleiben – Lebensraum für Insekten und Vögel, statt Brennholz für den Häcksler.
Ein Beispiel: Die Rotbuche am ZOB erhält eine zweite Chance – mit Sickerleitungen und Bewässerung. Auch an der Gustav-Heinemann-Anlage wird der Boden gelockert, um alten Linden mehr Luft und Wasser zu geben. Für alle Erhaltungs- und Revitalisierungsmaßnahmen veranschlagt die Stadt rund 492.000 € im Jahr 2025.
Das ist ein gutes Signal. Aber es bleibt die Frage, ob sich diese Pflege auf wenige markante Einzelbäume beschränkt – oder ob sie Teil einer flächigen Strategie wird, um die Stadt wirklich klimaresilient zu machen.
🌱 Baumpflanzungen: Fördergelder für einige wenige Straßen
Mit großem Stolz präsentierte die Stadt eine Reihe von Neupflanzungsprojekten – insgesamt 186 neue Bäume für das Jahr 2025.
Viele davon werden durch Fördermittel aus dem KfW-Programm finanziert, das zwischen 2025 und 2027 rund eine Million Euro bereitstellt.
Beispiele:
- Fessenbach: 45 neue Bäume entlang des Fuß- und Radwegs
- Zellerschlag: 34 Bäume
- Bürgerpark: 32 Bäume
- Kulturforum: 66 Bäume
- Zunsweier – Ebersweier: 59 Bäume (in Planung)
Das klingt beeindruckend – und ist es auch. Aber: Diese Pflanzungen betreffen nur wenige Straßenzüge.
In der Kernstadt, wo täglich hunderte Baumquartiere leer stehen, bleibt es dagegen kahl. Viele dieser Baumgruben – oft nur mit Split verfüllt oder asphaltiert – warten seit Jahren auf Ersatzpflanzungen. Stattdessen wachsen dort Parkplätze, Poller und Pflasterfugen. Und jedes Jahr kommen neue leere Standorte hinzu, weil abgestorbene Bäume nicht nachgesetzt werden.
🌩️ Besondere Ereignisse: Der Sturm im August
Der Sturm im August, der mehrere Stadtbäume umwarf, war ein zentrales Thema. Er dient zugleich als Mahnung und Argument: Die Stadt will künftig noch strenger kontrollieren, um Gefahren zu vermeiden. Das ist nachvollziehbar – aber es darf nicht zum Totschlagargument für pauschale Fällungen werden.
🗞️ Kommunikation: Neue Kanäle, alte Muster
Die Stadt betont ihre „neuen Wege“ der Bürgerinformation: Zeitungsberichte, Plakataktionen, Social Media, Bürgerversammlungen. Das ist gut – aber echte Beteiligung wäre besser. Denn wer sich regelmäßig mit Stadtgrün beschäftigt, merkt schnell: Entscheidungen werden meist nachträglich kommuniziert, selten gemeinsam erarbeitet.
🔭 Ausblick: Warten bis Mai 2026
Der nächste Baumbericht soll im Mai 2026 vorgestellt werden, der nächste Bürgerinformationsabend im Herbst 2026 folgen.
Bis dahin bleibt vieles im Unklaren – insbesondere, ob die neue Statistik wirklich der Wahrheit entspricht oder nur schöner wirkt.
Wir hoffen, dass die Zahlen stimmen. Dass weniger gefällt, mehr erhalten und wirklich nachgepflanzt wird. Aber solange in Offenburg immer mehr Baumquartiere leer bleiben, kann von einer Trendwende noch keine Rede sein.
🌿 Fazit
Die Stadt präsentiert sich als lernende Verwaltung – das ist positiv. Aber das Klima lernt nicht mit, es reagiert.
Wenn wir wirklich eine klimaangepasste Stadt wollen, brauchen wir keine jährliche Beruhigung, sondern einen klaren Plan:
- alle leeren Baumquartiere kurzfristig bepflanzen,
- jährlich 1.000 neue Bäume,
- konsequent entsiegeln statt nachverdichten.
Erst dann wird aus Statistik wieder Wirklichkeit.
Die Wahrheit liegt im Frühjahr 2026 – im neuen Baumbericht.
Bis dahin zählen wir weiter. Und zwar nicht nur Bäume, sondern Taten.
Pressemitteilung
Stellungnahme der Konferenz für Urban Transformation Design (KfUTD)
Stadt Offenburg präsentiert aktuelle Baumberichte –
KfUTD begrüßt positive Signale, mahnt aber zur Wachsamkeit
Offenburg, 21. Oktober 2025 –
Die Konferenz für Urban Transformation Design (KfUTD) begrüßt die neue Offenburger Baumstatistik, die bei der Bürgerinformation am 20. Oktober vorgestellt wurde.
Nach Jahren hoher Fällzahlen präsentiert die Stadt erstmals eine deutlich niedrigere Zahl: Für 2025 sind 110 Baumfällungen vorgesehen – bei gleichzeitig 186 geplanten Neupflanzungen.
„Das ist ein positives Signal und zeigt, dass die Verwaltung offenbar stärker auf Erhalt, Pflege und Nachpflanzung setzt“, sagt Ralph Fröhlich von der KfUTD. „Wenn diese Zahlen stimmen, wäre das ein echter Fortschritt.“
Gleichzeitig mahnt die Initiative zu genauer Beobachtung:
„Die neue Statistik unterscheidet sich deutlich von den Vorjahreswerten, in denen noch über 800 Fällungen ausgewiesen waren. Es ist wichtig, dass die Kriterien und Zählweisen künftig transparent bleiben, damit wir Entwicklungen realistisch einschätzen können.“
Positiv bewertet die KfUTD die zunehmende Zahl an Förderprojekten und den Fokus auf klimaresiliente Pflanzungen. Kritisch sieht sie dagegen, dass die meisten Neupflanzungen auf wenige Straßen konzentriert sind, während in der Kernstadt weiterhin viele Baumquartiere leer bleiben – und jedes Jahr neue hinzukommen.
„Wir hoffen, dass die Stadt den eingeschlagenen Kurs fortsetzt und mittelfristig wirklich mehr Bäume wachsen als fallen“, so Fröhlich.
„Die Wahrheit werden wir im Mai 2026 sehen, wenn der nächste Baumbericht im Gemeinderat vorgestellt wird. Bis dahin bleiben wir aufmerksam – und konstruktiv dran.“
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