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Sprühkreide als Unerlaubte Sondernutzung

Diesen Bescheid müsst ihr euch auf der Zunge zergehen lassen. Reinigungskosten von mindestens 600 € für etwas, was ohne einen Schaden zu hinterlassen selbst wieder verschwindet. Und dann noch zu behaupten, dass von der Kreide und möglichen Nachahmer:innen eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Von der Irritation und der Leichtigkeit des Verkehrs ganz schweigen. Aber lest selbst. Für Tipps und Tricks zum Widerspruch bin ich offen. Unser Spendenkonto bei Betterplace ist noch offen 🙂

Unser frist- und formgerechter Widerspruch

Um richtig Widerspruch einzulegen bedarf es der Schriftform. Dies ist möglich durch

  • ein Faxgerät… aber das heute niemand mehr ausser den Behörden
  • ein Einschreiben… das braucht seine Zeit und kann nicht tagesaktuell verwendet werden
  • einen speziellen elektronischen Behördenzugang, den hat unsere Stadt jedoch offensichtlich nicht
  • zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde

Letztens bleibe uns heute nur die Chance aufs Amt zu radeln und unseren Widerspruch zur Niederschrift zu diktieren. Glücklicherweise wurde meine Ausfertigung akzeptiert und wir konnten uns das Diktat sparen 🙂

Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.07.2024, Aktenzeichen unbekannt / nicht vergeben

Sehr geehrter Herr Fontaine,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 08.07.2024, welches Sie mir persönlich von einem Gemeindevollzugsbeamten zum gleichen Datum haben aushändigen lassen.

Was Sie mit Ihrem ständigen Verdrängen unserer friedlichen Protestformen aus dem öffentlichen Raum erreichen wollen, ist, dass Ihre Bürger müde werden, sich für eine lebenswertere Stadt zu engagieren. Was Sie tatsächlich erreichen, ist, dass Sie viele Menschen in virtuelle Räume, wie Telegram oder TikTok abschieben, weil diese nicht mehr spüren, wie sie selbst für ihre Belange wirkmächtig sein können. Wieso wundern wir uns eigentlich über den Zuwachs extremer Parteien?

Rechtmäßigkeit der Markierungen

Die Markierungen mit Sprühkreide dienen nicht nur als symbolische Hinweise auf die dringend notwendige Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Weingartenstraße, sondern sind auch vollständig umweltfreundlich und temporär. Die Verwendung von Kreide ist nicht dauerhaft und stellt keine bleibende Veränderung der Verkehrsflächen dar. Diese Markierungen können daher nicht als unerlaubte Sondernutzung bewertet werden, sondern müssen über die Kunst- und Meinungsfreiheit bewertet werden.

Ich wage die Verhältnismäßigkeit Ihrer Maßnahmen in Frage zu stellen und weise vorsorglich darauf hin, dass wir dieselbe Kreide verwenden, welche auch Ihre Beamten und Mitarbeiter verwenden, um kurzzeitige Markierungen auf der Straße anzubringen. Ebenso weise ich darauf hin, dass Herr Mußler uns in seinem Schreiben vom 20. Juni lediglich aufgefordert hatte, die Fußstapfen auf Geh- und Radwegen zu entfernen, da von diesen vermeintlich eine Gefahr ausgehen würde. Zu dem Zeitpunkt hatte die TBO bereits die Fußspuren auf der Fahrbahn unkenntlich gemacht. Zitat Mußler: “Wir haben die TBO damit beauftragt, die Reinigung der Fahrbahn durchzuführen. Gleichzeitig fordern wir Sie auf, umgehend die Reinigung der Geh-/Radwege zu veranlassen”.

Insofern widersprechen wir der gesetzten Frist (Punkt 1) bis zur Klärung, für welche Markierungen Ihr Bescheid gilt und ob dieser nicht sowie rechtswidrig ist.

Im Wesentlichen waren die Fußstapfen auf der Straße wegen des andauernden Regens bereits unkenntlich, als Herr Mußler uns aufgefordert hat, jene auf den Geh- und Radwegen zu entfernen (siehe Zitat oben). Die aus Ihrer Sicht missverständlichen Fußstapfen wurden umgehend entfernt. Der Vollständigkeit halber zweifeln wir auch die Verwechslungsgefahr an, zumal die von Ihnen angesprochenen Zeichen in unserem Stadtteil völlig unbekannt und auch nicht Teil der Straßenverkehrsordnung sind.

Dringlichkeit der Verkehrssicherheitsmaßnahmen

Wir weisen wiederholt auf die Gefahren entlang dieser Straße hin, weil Menschen, vor allem auch Kinder, diese aufgezeigten Wege nutzen. Nicht weil da plötzlich Fußstapfen sind, sondern umgekehrt. Da sind Fußstapfen, um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass hier Menschen die Straße queren und diese geschützt werden müssen. Dafür sind Sie verantwortlich. Sofort umsetzbar ist Tempo 30. Entsprechende Anträge liegen Ihnen vor.

Die markierten Stellen sind tatsächlich gefährliche Übergänge, die insbesondere für Kinder und andere schwächere Verkehrsteilnehmer ein hohes Risiko darstellen. Trotz wiederholter Anträge und Hinweise an die Stadtverwaltung wurde bisher keine adäquate Maßnahme ergriffen, um diese Gefahrenstellen zu entschärfen. Die Fußstapfen weisen auf diese Missstände hin und sollen die Notwendigkeit von sicheren Querungsmöglichkeiten verdeutlichen.

Ebenso widersprechen wir der sofortigen Vollziehung (Punkt 2), da von den verblassten, wasserlöslichen Kreidfarben keine unmittelbare Gefahr ausgeht.

Wir weisen zurück, dass Sprühkreide über den Gemeingebrauch öffentlicher Flächen hinausgeht. Diese Kreide entfernt sich, wie bereits bewiesen und von Ihnen auch benannt, von selbst und hinterlässt keinen bleibenden Schaden. Zum heutigen Zeitpunkt sind diese bereits als Fußgänger und Radfahrer erst wahrnehmbar, wenn diese direkt daneben stehen. Für Autofahrer gar nicht mehr. Ob die Markierungen die Straße verschandeln oder verschönern, dürfte über die öffentliche Meinung zu prüfen sein. Wir haben dafür viele positive Rückmeldungen erhalten, die Menschen begrüßen unseren Einsatz für den Erhalt der Bäume und eine flächengerechte Nutzung unserer Stadt.

Dass die Stadt zahlreiche andere Möglichkeiten zur Kommunikation bietet, ist nicht korrekt. So werden z.B. rechtzeitig beantragte Plakatmarken zeitlich verschleppt, so dass eine rechtzeitige legale Plakatierung nicht möglich ist.

Kreide ist keine Gefahr für Leib und Leben

Inwiefern von den aktuellen Markierungen, wie Zebras, Tempo 30 Herzen und Planskizzen, eine Gefahr für Leib und Leben ausgeht, ist uns nicht ersichtlich. Dies nur auf die Vermutung künftiger Nachahmungen abzustellen, erscheint uns an den Haaren herbeigezogen. Es ist nicht ersichtlich, wie diese, vor allem im jetzigen Zustand der Auflösung, irritierend auf Verkehrsteilnehmende wirken sollten.

Wir widersprechen ebenfalls der Ersatzmaßnahme (Punkt 3), da die Kreidemarkierungen bereits kaum mehr nennenswert im Straßenbild zu erkennen sind, sondern nur noch wahrnehmbar sind, wenn man unmittelbar daneben steht.

Die Ersatzmaßnahme ist nicht nötig

Die Kreidemarkierungen sind bereits bis zur Unkenntlichkeit vom Regen ausgewaschen bzw. abgefahren. Wie bereits von Ihnen erkannt wurde, wird sich auch der Rest der Kreide komplett verflüchtigen und keinen bleibenden Schaden verursachen.

Und zuletzt widersprechen wir der Gebühr (Punkt 4), da für uns nicht erkennbar ist, auf welcher Grundlage diese Gebühr erhoben wird.

Forderung

Wir fordern die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides und eine erneute Prüfung der Sachlage unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte. Zudem bitte ich um ein persönliches Gespräch mit den zuständigen Vertretern der Stadtverwaltung, um gemeinsam an einer Lösung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu arbeiten.

Nachtrag

Solche Protestformen werden im Übrigen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt. Entsprechend der Anlage wohl auch mit Sprühkreide

Die vorhergehende Korrespondez

Lieber Bernhard M.,

bitte entschludigen Sie, wenn diese Kreide-Fußstapfen Sie irritieren und möglicherweise eine Gefahr darstellen. Das möchten wir natürlich auf jeden Fall vermeiden und werden die Fußstapfen auf den Geh- und Radwegen umgehend verschwinden lassen, sofern das nicht bereits der Regen für uns erledigt hat. Schließlich verwenden wir für entsprechende Markierungen ausschließlich Kreide, welche weder einen Schaden, noch einen dauerhaften Abdruck hinterlässt.

Die angesprochenen Programme zur Schulwegsicherheit sind uns hier im Quartier nicht bekannt. Auch habe ich keinen Hinweis auf ein möglicherweise vergleichbares Verkehrszeichen gefunden, welches zu verwechseln wäre.

Richtig erkannt haben Sie jedoch, dass von all diesen Stellen (es sind noch gar nicht alle markiert), an denen Sie diese Fußstapfen sehen, eine tatsächliche Gefahr ausgeht. Es ist jedoch nicht so, dass wir uns an all diesen Stellen nur einen Zebrastreifen wünschen, sondern tatsächlich beobachten, wie Menschen vor allem auch Kinder auf dem Weg in die Musikschule an diesen Stellen die Straße ungeschützt überqueren (auch bevor die Fußstapfen markiert wurden).

Klar gibt es eine Ampel an der Kreuzung, aber besonders für die Schwächsten unserer Gesellschaft, ist ein Umweg von bis zu einem halben Kilometer ein Anlass abzukürzen. Auch wenn dies bedeutet, sich bewusst in Gefahr zu begeben.

Bereits letztes Jahr habe ich als Anwohner einen Antrag auf Tempo 30 gestellt, mit dem Verweis auf den Unfallatlas. Ich kann mich nicht erinnern, hierzu eine Antwort erhalten zu haben. Ebenfalls von verschiedener Seite wurde dieser Handlungsbedarf im Projektbegleitgremium mehrmals benannt. Die Gefahren sind Ihnen also bekannt. Und schon einige Jahre zuvor, während meiner Verantwortlichkeit für den Kindergarten in der Friedrichstraße hatten wir erfolglos versucht, einen geschützen Übergang auf Höhe der Friedrichstraße zu erwirken. Leider konnten wir Sie bereits damals nicht überzeugen, dass die Sicherheit von Menschen an erster Stelle steht (Zitat OB Steffens).

Wir werden uns nicht auf einen Masterplan verlassen, der Dinge irgendwann in der Zukunft regelt, zumal dieser bereits beim Beschluss vom 24.07.2023 verwässert wurde, weil die Fraktionen zwar das Gesamtpaket (als zuschussbringendes Mittel) akzeptiert, aber jede Einzelmaßnahme wiederum in Frage gestellt hatten.

Wir fordern als kurzfristige Maßnahme die sofortige Reduzierung der Geschwindigkeit auf max. Tempo 30, um offensichtliche Gefahren zu vermeiden. Bei einem Zusammenstoß ist der Aufprall bei Tempo 50 fast dreimal so stark wie bei Tempo 30. Das Risiko tödlicher Verletzungen bei einem Unfall sinkt bei Tempo 30 statt 50 um 75 Prozent.

Diese Gefahrensitutation ist Ihnen spätestens jetzt bekannt. Also handeln Sie. Wir fordern als mittelfristige Maßnahmen in der Weingartenstraße geschützte Zebrastreifen:

* auf der Höhe der Musikschule
* an der Hildastraße
* an der Friedrichstraße

Für die Planungen der Moltkestraße fordern wir Zebrastreifen
* an der Erzbergerstraße
* an der Hindenburgstraße
* am Tannweg

Wir fordern als langfristige Maßnahme eine barrierefreie Gestaltung der Weingartenstraße zwischen Brachfeldstraße und Friedrichstraße, gleichberechtigt für alle Verkehrsteilnehmenden als verkehrsberuhigte jedoch durchlässige Straße.

Weiterhin wurden wir von Menschen im Quartier darauf aufmerksam gemacht, dass eine besondere Gefahrensituation an der Ortenbergerstraße auf Höhe Edeka besteht und auch dort zwingend ein Zebrastreifen, wie auch Tempo 30 erforderlich ist. Mit freundlichen Grüßen

Ralph Fröhlich für die https://kfutd.de

Das Schreiben der Stadt Offenburg

Guten Tag Herr Fröhlich,

Sie fordern mehr Fußgängerüberwege und haben in der Weingartenstraße im Abschnitt zwischen Moltke- und Brachfeldstraße gleich mehrere Stellen identifiziert, an denen Sie (und weitere Personen) sich diese wünschen. Zur Verdeutlichung Ihrer Forderungen haben Sie eine Veranstaltung vor Ort am 9. Juli angemeldet. Im Vorgriff zu dieser Veranstaltung haben Sie gelbe Fußabdrücke an denen von Ihnen gewünschten Stellen quer über die Fahrbahn markiert oder markieren lassen.

In Abstimmung mit der Polizei müssen wir Ihnen mitteilen, dass diese Form der Markierung unzulässig ist und umgehend entfernt werden muss.

Tatsächlich sind farbliche Fußstapfen landes- und bundesweit im Rahmen von Programmen für mehr Schulwegsicherheit belegt. Sie markieren die „Kinderseite“ der Gehwege und führen zu empfohlenen Querungsstellen. Keinesfalls werden sie aber über Fahrbahnen geführt, um nicht eine gewisse „Bevorrechtigung“ zu suggerieren. Eine Fehlinterpretation der hier vorliegenden Aktion, nicht nur durch Mitglieder der Gruppe besonders schutzbedürftiger Personen, ist nicht gänzlich auszuschließen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Fußstapfen teils von ungeeigneten Stellen aus auf die Weingartenstraße führen. Zum Beispiel können Buschwerk, parkende Autos oder in einem Fall auch ein Werbeaufsteller die Sichtbeziehungen einschränken.

Wir haben die TBO damit beauftragt, die Reinigung der Fahrbahn durchzuführen. Gleichzeitig fordern wir Sie auf, umgehend die Reinigung der Geh/Radwege zu veranlassen. Es wäre sicherlich nicht in Ihrem Interesse, wenn wir diese Reinigung im Zuge der Ersatzvornahme beauftragen müssten und Ihnen in Rechnung stellen müssten.

Die Stadt Offenburg beabsichtigt durchaus, mehr Fußgängerüberwege im gesamten Stadtgebiet zu markieren. Die entsprechenden Überlegungen können Sie dem Masterplan Verkehr entnehmen (Maßnahme F2, ab Seite 85). Im Zuge der Umsetzung der Maßnahmen werden wir also diesen Punkt angehen. Dabei werden wir in Abstimmung mit dem Gemeinderat entscheiden, welche der 60 Maßnahmen des Masterplans wir zu welchem Zeitpunkt umsetzen können.

Wir können hier keine eigenmächtigen Lösungen von einzelnen Gruppierungen hinnehmen, noch dazu, wenn sie potentiell fehlinterpretiert und zu Gefahren führen können.

Wir gehen davon aus, dass Sie das sehr gut verstehen können.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard M.

Fotos

Und wie geht das jetzt weiter?

Der bürokratische Irrsinn hat kein Ende… Wie es weitergeht liest du hier: Was für ein Aufwand wegen Kreide!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Konrad Neander

    OK, ich kann verstehen, dass die Verwaltung der Kommune “sauer” ist, aber gleichzeitig muss man dieser Stadtverwaltung ein ungeheures Maß an Spießertum bescheinigen. Eine Kommune, die innerstädtische Bäume massenweise fällen will, ist nicht ganz richtig im Kopf !!! Die Besprühung der Straßen und Gehwege mir Kreidefarbe ist wohl ein Vergehen (im Sinne des Gesetzes), das man wohl vernachlässigen kann, wenn man bedenkt, was sonst so an Verschmutzung durch Rowdytum anfällt.
    Die Verantwortlichen Stadt-Mitarbeiter sollten mal nach Berlin kommen und sich umsehen, was hier Alltag ist. Ich kann über Offenburg nur lächeln und staunen, wie bekloppt man sich benehmen kann, wenn Sie so wollen, auf beiden Seiten.

    1. Ralph

      Danke für deine Einschätzung. Wir sind hier alle spießig 🙂 Und haben Angst, dass wir plötzlich Verhältnisse wie in Berlin, Hamburg oder auch nur Freiburg haben, wenn sie uns auch nur den kleinsten Spielraum geben.

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