Ein Lastenfahrrad mit einer großen grünen Tonne im vorderen Fach ist neben mehreren anderen Fahrrädern an einer orangefarbenen Wand geparkt, in deren Nähe sich leere Fahrradständer befinden.

Zukunftswege ohne Richtung?

Warum Offenburgs Verkehrswende einen echten Neustart braucht

Am 23. Oktober tagte der Masterplan-Beirat Verkehr der Stadt Offenburg. Einmal im Jahr soll dieses Gremium aus Vertreter:innen der Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft zusammenkommen, um die Fortschritte des sogenannten Masterplans Verkehr zu reflektieren. Doch was als Ort der gemeinsamen Gestaltung gedacht war, wirkt inzwischen wie ein Schaufenster ohne Tiefgang.

Juni Schandl vom VCD berichtet von einem Abend voller Widersprüche: engagierte Jugendliche, konstruktive Diskussionen in kleinen Gruppen, aber gleichzeitig ein Prozess, der in seiner Struktur festgefahren scheint. Die Stadt hat dem „Masterplan Verkehr“ inzwischen ein neues Label verpasst: Zukunftswege Offenburg 2035 – Gemeinsam besser unterwegs. Ein freundlich klingender Name, der aber vieles über den Zustand des Projekts verrät: Wo einst von klaren Zielen, Maßnahmen und Zeitplänen die Rede war, bleibt heute vor allem das vage Versprechen, „gemeinsam“ unterwegs zu sein.

Von der Vision zur Verwaltungssprache

Volker Kersting von der KfUTD, bringt es in seinen Randnotizen zu Junis Bericht auf den Punkt:

„Das klingt nett, aber Zukunftswege sind keine Strategie. Der Masterplan sollte ein klares, verbindliches Konzept sein – mit Monitoring, konkreten Maßnahmen und CO₂-Zielen. Davon war an diesem Abend nichts mehr zu hören.“

Tatsächlich wurde kaum über die Umsetzung der Kernziele gesprochen: 25 % weniger Verkehr bis 2035 und eine deutliche Reduktion der Emissionen. Weder ein aktuelles Monitoring noch verbindliche Zwischenziele wurden vorgestellt. Stattdessen: Logos, Slogans, Broschüren.

Engagierte Schüler:innen – stille Verwaltung

Besonders eindrücklich war der Beitrag dreier Schülerinnen der Theodor-Heuss-Realschule, die ihre Ideen für ein sicheres, barrierefreies und fahrradfreundliches Offenburg präsentierten. Breitere Wege, sichere Busverbindungen, bessere Aufenthaltsqualität – ihre Forderungen waren klar und konkret.
Umso ernüchternder, dass die Erwachsenenrunde danach wieder in die Routine des Verwaltungsjargons verfiel. Während manche Beiratsmitglieder durch Zwischenrufe oder Seitengespräche auffielen, hielten andere – vor allem die Vertreter:innen der Umweltverbände – tapfer an einer sachlichen Diskussion fest.

Verkehrswende braucht Verbindlichkeit

Das Dilemma zeigt sich deutlich: Der Beirat soll beraten, darf aber nichts entscheiden. Die Verwaltung informiert, aber sie diskutiert nicht wirklich. Unterlagen und Protokolle werden nicht zeitnah verschickt – Transparenz bleibt Wunschdenken.

„Wenn der Beirat nur einmal im Jahr tagt und die Zivilgesellschaft keine echte Rolle spielt,“ sagt Volker, „dann wird die Verkehrswende in Offenburg auf Sparflamme gehalten – und am Ende politisch wieder kassiert.“

Der Appell

Offenburg braucht keine neuen Slogans, sondern klare Entscheidungen und mutige Umsetzung:

  • Verkehrsberuhigung dort, wo Menschen leben,
  • Schulstraßen mit echtem Schutz für Kinder,
  • Baumkonzepte, die nicht in der Schublade bleiben,
  • Monitoring, das Fortschritte und Stillstand sichtbar macht,
  • und einen Beirat, der mehr ist als eine jährliche Pflichtübung.

Die gute Nachricht: Der Wille zur Veränderung ist da – bei den jungen Menschen, bei vielen Verbänden und Initiativen, bei engagierten Bürger:innen. Aber dieser Wille braucht Raum, Struktur und Rückhalt.

Offenburg kann Verkehrswende.
Aber dafür müssen die „Zukunftswege“ endlich zu echten Wegen werden.
Und wir – als Zivilgesellschaft – müssen weiter Druck machen, gemeinsam, beharrlich, laut und lösungsorientiert.

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